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Ferngesteuert aus Zittau

Lutz Berger hat in Zittau fast 190 Arbeitsplätze geschaffen – vor allem mit handlicher Elektronik fürs Auto.

Digades-Chef Lutz Berger baut schon wieder neu. Er produziert Technik für VW und BMW – und gerne direkt für Motorradfahrer.

 

Wenn Lutz Berger mit seinem Motorrad von Zittau nach Dresden fährt, dann wählt er statt der A4 die schöne Strecke durch Schluckenauer Zipfel und Sächsische Schweiz. Der Zittauer Elektrotechniker ist auch im Winter sportlich mit dem Motorrad unterwegs, obwohl er in seinem Unternehmen Digades auch Fernbedienungen für Auto-Standheizungen herstellt. Doch genauso wichtig wie die handlichen Elektronik-Drücker für Webasto, VW oder Porsche sind Lutz Berger die eigenen Entwicklungen für Motorradfahrer. Künftig möchte er mehr Produkte unter dem eigenen Firmennamen Digades verkaufen, ohne freilich die Stammkunden aus der Autoindustrie zu verlieren. Von Zittau aus beliefert er Siemens mit Fernbedienungen für Hausgeräte und Audi mit einer Massagesitzsteuerung für den chinesischen Markt. 

Der 54-Jährige hat schrittweise ein stetig wachsendes Familienunternehmen aufgebaut, mit fast 190 Mitarbeitern. Wenn Lutz Berger jetzt aus seinem Eckbüro zur Äußeren Weberstraße schaut, sieht er schon auf die nächste Baustelle. Erst 2014 ging die neue Fertigungshalle in Betrieb, nun wächst für 7,5 Millionen Euro ein dreistöckiger Bau mit Entwicklungsbüros. Fast 50 Beschäftigte bei Digades kümmern sich um Entwicklung, davon einige in Außenstellen in Dresden und Nordhausen. 

Der Firmenname Digades steht für Digitales und analoges Schaltungsdesign. Beispiele für die Technik liegen in Bergers Büro griffbereit: schmucke kleine Fernbedienungen mit wenigen Tasten, manche mit einem Display. Der Firmenchef zeigt das jüngste Produkt mit drei Schaltern: In Mercedes- Geländewagen werden damit Differenzialsperren gesteuert. Das ist nicht nur ein Sender, sagt Berger: Steuergerät und Beleuchtung der Taster stecken mit drin. 

Doch gerne zeigt der Zittauer Technik- Unternehmer auch sein Smartphone vor. Nicht wegen des Hintergrundfotos mit Ehepaar Berger vor der Golden-Gate- Bridge, sondern wegen einer selbst entwickelten App: Auf seinem Handy kann Lutz Berger die Temperatur im Auto ablesen und vom Büro aus die Wunschwärme und Uhrzeit für die Heizung vorgeben. Mit Produkten wie dieser App macht sich Ligades etwas unabhängiger von den großen Kunden. Denn eine solche Erfindung lässt sich im eigenen Online-Shop direkt verkaufen. Die wichtigste Eigenentwicklung von Digades aber ist der Dguard für Motorräder. In schwarzem Karton mit mehrsprachiger Bedienungsanleitung wird das Produkt im Fachhandel oder online verkauft: ein Notrufsystem fürs Motorrad. 

Rückkehrer aus Bayern und Asien

Berger fährt seit dem 18. Lebensjahr selbst, und natürlich hat er seinen Dguard samt dem roten SOS-Knopf selbst ausprobiert und unternimmt Testfahrten zur Optimierung. Im Falle eines Unfalls ruft das Gerät selbstständig die 112 an und sagt der Rettungsleitstelle die Koordinaten an. Bei Diebstahl kann der Besitzer des Motorrads auf seinem Smartphone sehen, wo es sich gerade befindet. Als nächstes wollen Lutz Berger und seine Entwickler noch ein elektronisches Tourentagebuch mit diesem Motorrad- Zubehör verbinden. Wer eine schöne Strecke ausprobiert hat, kann sie dann gleich seinen Kumpels empfehlen. 

In Lutz Bergers Büro steht ein zweiter Schreibtisch für einen seiner beiden Söhne, und seine Frau verwaltet das Vorzimmer samt Etat für unterstützenwerte Vereine. Denn die ganze Familie ist sportlich und wird immer mal um Sponsoring gebeten – auch Theater und Schulen haben so etwas von einem der größten Zittauer Betriebe. Seinen Ursprung allerdings hat Digades in Löbau: 1991 gründeten dort sieben Männer aus einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung der ehemaligen Offiziershochschule die Firma. Berger war mit 27 einer der jüngsten und ist heute alleiniger Besitzer. Über Kittlitz zog Digades nach Zittau, wo jetzt das fünfte Neubauprojekt läuft. Berger rechnet damit, dass seine Söhne das Familienunternehmen weiterführen werden – einer hat Mechatronik studiert und leitet die Vor-Entwicklung im Dresdner Impact Hub am Hauptbahnhof, der andere ist Physiker mit Doktorarbeit in Nachrichtentechnik. Der Umsatz von Digades erreichte voriges Jahr 26 Millionen Euro und könnte sich nach Bergers Plänen in wenigen Jahren verdoppeln. 

Bei Wettkämpfen am Olbersdorfer See ist die ganze Familie Berger aktiv; über die Internetseite der Firma lassen sich die Erfolge der Firmenmannschaft „Ligades Racing Teams“ ablesen. Über Fachkräftemangel braucht dieser Betrieb nicht zu klagen: Berger berichtet, dass er voriges Jahr 17 Mitarbeiter eingestellt hat, „mit vertretbarem zeitlichen Aufwand“. Gute Kontakte zu Hochschulen bringen Diplomanden ins Haus. Der Elektrotechniker Felix Seliger berichtet bei der Arbeit an einem VWFunksender, dass er bei Ligades ausgebildet wurde und dann berufsbegleitend an der Hochschule Zittau-Görlitz studierte. Auch Rückkehrer aus Bayern fanden schon ihren Weg zu Digades. Fertigungsleiter Ralf Krüger kam nach vielen Jahren in Asien zurück in die Lausitz und sorgt nun dafür, dass die Anlagen in Zittau laufen. 

 

Text: Georg Moeritz

Foto: Ronald Bonß

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