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Der Fitnesstracker für den Maschinenpark

Digitalisieren Produktionsprozesse: Die „in.hub“-Geschäftsführer Marco Neubert (links) und Christian Groß.

 

Der Fitnesstracker für den Maschinenpark

 

Nachrüsten, vernetzen, überwachen: Das Chemnitzer Start-up »in.hub« hilft Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Prozesse. Die Geschäftsführer Marco Neubert und Christian Groß wurden für den Gründerpreis nominiert.

Pulsschlag, Anzahl der Schritte, Kalorienverbrauch: Ein Fitnesstracker am Handgelenk liefert die Trainingsdaten einfach, zuverlässig und in Echtzeit. Für Christian Groß, Geschäftsführer des Chemnitzer Start-ups »in.hub«, ist das ein Beispiel, um die Geschäftsidee des 2017 gegründeten Unternehmens zu erklären: »Unser Produkt ist so etwas wie ein Fitnesstracker für Maschinen, Anlagen und Prozesse. Wir messen die Produktivität.» Groß, der Produktionstechnik studiert hat, kam 2019 zu »in.hub« und ist inzwischen auch Mitgesellschafter des Unternehmens mit derzeit sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Gegründet wurde das Start-up von Marco Neubert. Der Elektrotechniker hatte zuvor im Außendienst gearbeitet und so die Probleme vieler Unternehmen mit der Digitalisierung kennengelernt. »Ich wollte die Digitalisierung in die Unternehmen bringen und einfach gestalten«, sagte Neubert, der die Schwächen vieler produzierender Unternehmen erkannt hat. »Im Mittelstand gibt es oft wenig Transparenz. Viele Unternehmer wissen gar nicht, ob sie wettbewerbsfähig sind«, erklärte der 41-Jährige.

Die Zielgruppe für das Start-up war deshalb schnell klar. Schließlich steht der deutsche Mittelstand vor der großen Herausforderung, die Unternehmen für das neue digitale Zeitalter Industrie 4.0 zu rüsten. Dabei geht es nach den Worten der beiden »in.hub«-Geschäftsführer vor allem darum, die Produkte und Lösungen schnell, einfach und sicher zu machen. »Wir haben die Vision, den produzierenden Mittelstand wieder wettbewerbsfähig zu machen«, sagte Groß. Dazu müssten die Mitarbeiter sein. »Die Bedienung soll so einfach sein wie bei einem Smartphone«, nannte er das Ziel.

Kernstück der »in.hub«-Lösungen ist ein selbst entwickelter Industriegateway mit dem Namen HUBGM100, der dazu dient, Daten zu erfassen, zu verarbeiten und zu analysieren. Das mit einem selbst geschriebenen Betriebssystem ausgestattete Gerät arbeitet wie ein kleiner Mini-PC, der in den Schaltschrank einer Maschinenanlage integriert und mit Sensoren und Messgeräten verbunden werden kann. »Die Zustandsüberwachung der Maschinen und Anlagen ist das Fundament jeder Digitalisierung in einem Unternehmen«, erklärte der 35-jährige Groß. Man müsse die Stellschrauben kennen, um die Produktionsprozesse zu optimieren.

Wichtig ist den beiden Geschäftsführern auch, dass ihr System eine offene Plattform ist, an die sich auch andere Hard- und Softwareanbieter ohne Probleme andocken können. »Unser System ist keine Sackgasse«, versicherte Groß. In der Coronapandemie wurde der Hub auch um die Möglichkeit der Fernwartung erweitert, sodass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch aus dem Homeoffice Zugriff auf die Maschinendaten hatten. »Außerdem haben wir Mietmodelle eingeführt, um den Unternehmen die Finanzierbarkeit zu erleichtern«, sagte Neubert.

Das Unternehmen sieht sich als Experte für Zustandsüberwachung auf Anlagen-, Maschinen- und Prozessebene. Mit modularen Plug-&- Play-Lösungen schafft »in.hub« eine unkomplizierte Schnittstelle zwischen bestehender Hard- und Software, um Maschinen und Anlagen verschiedenen Alters oder Herstellertyps digital auf- und nachzurüsten. Die Auf- und Nachrüstung ermöglicht automatisierte Informations- und Datenflüsse für die optimierte Planung und gezielte Steuerung von Produktionsprozessen. Alles kann mit einem mobilen Dashboard abgelesen und gesteuert werden. Mit Hilfe der in Echtzeit ermittelten Produktionskennzahlen kann sofort reagiert werden, wenn etwas nicht optimal läuft.

Inzwischen hat »in.hub« rund 120 Kunden, mit denen gemeinsam Digitalisierungsprojekte abgearbeitet werden. »Für die nächsten Monate sind unsere Auftragsbücher voll«, sagte Groß. Man habe zwar wegen der Einschränkungen durch die Pandemie den Plan für dieses Jahr nicht ganz erreicht. »Aber unser Finanzplan ist nicht auf Kante genäht«, sagte der Geschäftsführer. Das Start-up wird von der SC-Kapital unterstützt, einer Beteiligungsgesellschaft der Sparkassen, die Gründer aus der Region bei der Wachstumsfinanzierung berät und begleitet.

Mit dem Innovationspreis Südwestsachsen wurde inzwischen eine Produktlösung ausgezeichnet, die »in.hub« speziell für die Lackier-, Elektronik- und Oberflächenbeschichtungsbranchen entwickelt hat. Das Partikelmesssystem prüft die Belastung der Luft, um Verunreinigungen an Produkten und Maschinen zu vermeiden. Außerdem dient das System dem Arbeitsschutz.

Mit der Überwachung der Fertigungsprozesse werden die Produktionskosten reduziert und der Ausschuss verringert. „Das System hilft, Ressourcen zu sparen“, erklärte Groß, der davon überzeugt ist, dass gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen noch ein großer Optimierungsbedarf besteht.

Für die Zukunft haben die beiden Geschäftsführer noch einige Entwicklungsprojekte in der Pipeline. Ihr Ziel: Die Systeme sollen so einfach sein, dass die Kunden alles selbst machen können. »Da sind wir noch nicht ganz, aber da wollen wir hin«, versprach Groß.

Text: Christoph Ulrich

Foto: Uwe Mann

 

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