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Herolé

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Carsten Herold (links) wollte mal Lehrer werden, Franz Olender hat Jura studiert. Zusammen sind sie Herolé – ein Dresdner Unternehmen, das Lehrern manche Sorgen vor Klassenfahrten abnimmt. Einer ihrer Tipps: die kroatische Adriaküste.

Das fliegende Klassenzimmer

Die beiden Dresdner Carsten Herold und Franz Olender organisieren Schülerreisen. Die Krise haben sie durchgestanden. Mit ihrer Idee bewerben sie sich für den Unternehmerpreis.

DRESDEN - Lehrer müssen alles können. Manche sogar Mathe und Französisch. Aber eine Klassenfahrt organisieren mit allen Tickets und Versicherungen, das Geld von den Eltern eintreiben und Wodkaflaschen im Bus aufspüren – das schaffen nur wenige perfekt. Vor allem jüngere Lehrer wenden sich daher an Veranstalter wie Herolé-Reisen in Dresden, sagt Firmengründer Carsten Herold, der selbst mal Lehrer werden wollte.

Herolé ist nach eigenen Angaben in Deutschland das drittgrößte Unternehmen, das sich auf Klassenfahrten spezialisiert hat. Mehr als 4000 Reisen mit 130.000 Teilnehmern organisierte die Firmengruppe mit insgesamt 128 Mitarbeitern voriges Jahr. Eine eigene Busflotte gehört dazu. Aufschrift: „Ein Sachse auf Achse.“

Doch Herolé hat eine Berg- und Tal-Fahrt hinter sich. Vor vier Jahren haben sich Herold und sein gleichberechtigter Mitgründer Franz Olender schon einmal um den Unternehmerpreis beworben und kamen unter die Top 5. Das Wachstum ging auch kräftig weiter, voriges Jahr standen fast 37 Millionen Umsatz im Bericht von Herolé-Reisen. 2014 waren es noch 21 Millionen. Aber „das Wachstum war auch anstrengend“, sagt Olender. „Jetzt wissen wir, was Krise bedeutet“, ergänzt Herold.

Zeitweilig erkauften die beiden Dresdner Unternehmer das Wachstum mit niedrigen Preisen. Das rächte sich, als sie 2016 plötzlich eine neue Versicherungsgesellschaft für ihr Geschäft suchen und erheblich mehr zahlen mussten. Sie berichten, die alte Versicherung sei aus der Reisebranche ausgestiegen, nachdem sie infolge der Leipziger Unister-Insolvenz viel Geld verloren hatte. Herold und Olender mussten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater überzeugen, dass ihr Geschäftsmodell Zukunft hat, und sie mussten eigenes Geld aufs Spiel setzen. Diese Zeit belastete auch ihre Familien. Es kam noch schlimmer: Der Terroranschlag eines Lastwagenfahrers auf der Promenade von Nizza 2016 tötete mehrere Schüler und eine Lehrerin aus Berlin, die mit Herolé auf Klassenfahrt waren.

Olender berichtet, dass ein „internes Krisenteam“ der Firma mit dem Auswärtigen Amt zusammenarbeitete. „Für jeden Lehrer ist es wichtig, dass er Ansprechpartner hat“, sagt er. Das Unternehmen arbeite nach einem Krisenhandbuch und mache Übungen – wer spricht im Notfall mit wem, wer gibt welche Informationen weiter? Wenn in einem Urlaubsort ein Unglück geschieht, gibt es Warnmeldungen in der Reisebranche. „Wir fragen dann proaktiv nach, wo seid Ihr, ist jemand verletzt?“ Herolé hat sich mit anderen Unternehmen der Branche zum Bundesverband der führenden Schulfahrtenveranstalter zusammengeschlossen, Carsten Herold ist der Vorstandschef.

Nach Anschlägen verschwanden Städte wie London, Brüssel und Barcelona zeitweise von den Wunschzetteln vieler Schulklassen. Herolé nahm mehr Sport- und Aktivreisen ins Programm. Die Sächsische Schweiz bietet laut Firmenkatalog „traumhafte Naturerlebnisse“, die Stiegentour im Kirnitzschtal wird als tolle Herausforderung beworben. Leipzig steht als „Ostdeutschlands hippste Stadt“ samt City-Kanutour im Katalog. Gerne werben die beiden Unternehmer auch für ihre Heimatstadt Dresden, in der sie sich auf dem Schulhof kennenlernten. Die „Stadt der Wissenschaften“ eigne sich zum Beispiel für Klassenfahrten mit Mathematik- oder naturwissenschaftlichen Schwerpunkten. Denn der Unterricht wird zum Lokaltermin, wie es Erich Kästner in seinem Buch vom „fliegenden Klassenzimmer“ vorausgesehen hat. Lehrer bringen ihre Schüler zum Workshop in den Mathematisch-Physikalischen Salon, ins Deutsche Hygiene-Museum oder ins Albertinum zur Analyse der Bestandteile von Ölfarben.

Ihre Kunden finden Herold und Olender in ganz Deutschland, die meistgebuchten Reiseziele sind Berlin, Amsterdam und der Gardasee. Doch in den Top 10 steht auch Istrien. Die kroatische Adriaküste ist ein Tipp der Dresdner, zum Beispiel für Biologie-Kurse, die schnorcheln, Heilpflanzen kennenlernen und Seifen herstellen.

Wer die beiden Firmengründer und Geschäftsführer fragt, weshalb sie Unternehmer des Jahres werden sollten, bekommt mehrere Gründe zu hören. Meistens sprechen sie abwechselnd, sie ergänzen sich. Sie wollen zeigen, dass Sachsen „auch im Dienstleistungssektor Maßstäbe setzt“. In zehn Jahren wollen sie Marktführer bei Schulfahrten in Deutschland sein – dieses Ziel hatten sie allerdings schon einmal näher vor Augen. Gern weisen sie darauf hin, dass sich Herolé nicht nur eine eigene Mitarbeiter-Kantine im alten Rathaus von Dresden-Niedersedlitz leistet, sondern auch eine eigene Entwicklungsabteilung. Die hat es voriges Jahr geschafft, Einzelabrechnungen für alle Reisenden so zu programmieren, dass Lehrer von der Sorge des Geldeinsammelns befreit sind.

Und wohin reisen Reiseunternehmer selbst? Olender räumt ein, im Urlaub gerne herumzuliegen. Außerdem habe er kleine Kinder, da seien Mallorca und die Ostsee geeignet. Herold liebt Skandinavien. Zum 40. Geburtstag hat er seinem ein Jahr älteren Kollegen jüngst eine Reise geschenkt: Zusammen wollen sie zum Kilimandscharo. Es soll weiter aufwärtsgehen.

 

 

Text und Foto: Georg Moeritz

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