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Immer eine Rolle Blech voraus

Thomas Liebisch, Chef von TL Concept in Klipphausen, sorgt bei sich und anderen für Resilienz. Ein Kandidat für Sachsens Unternehmerpreis.

 

Immer eine Rolle Blech voraus

Auch er habe nachschlagen müssen, was das Modewort „Resilienz“ bedeutet, räumt Thomas Liebisch, Chef und Mehrheitseigner der TL Concept GmbH in Klipphausen bei Dresden, freimütig ein. Dann sei er ernüchtert gewesen, sagt er, dass es keine echte Definition für den Begriff gibt. Dabei lebt der Hersteller von Isolierungen, Brandschutz- und Lüftungstechnik sowie zugehöriger Blechteile für Behälter und Rohrleitungen die nur vage beschriebene Widerstandkraft und Anpassungsfähigkeit täglich – und seit Jahren.

Der 52-Jährige hatte den Standort der Schweizer Novisol AG seit 2007 mit seiner Frau und einem Mitsteiter aufgebaut und ihn dem Mutterkonzern 2018 abgekauft. „Der Schritt war überfällig“, sagt der gelernte Instandhaltungsmechaniker und Isolierer. „Da half auch die Drohung: Entweder Ihr verkauft, oder ich mache mich selbstständig.“ Schließlich sei die Arbeit die gleiche, da brauche es keine Fernsteuerung, begründet er den mutigen Schritt. „Natürlich überlegt man, wie riskant das Ganze ist“, sagt er. Aber die Belegschaft habe mitgezogen und letzte Zweifel zerstreut.

Für den Gebäudeausrüster ging es stetig bergauf – dank der Weitsicht des Chefs. Als zu Beginn der Corona-Pandemie die meisten ihre Produktion drosselten, hat TLC die Fertigung hochgefahren und sich so für einen möglichen Lockdown auch in der Industrie gewappnet. Die gespeicherten Stunden habe die Belegschaft später abgefeiert oder ausgezahlt bekommen. „Staatshilfen und Kurzarbeit waren nie Thema“, ist der Chef und Mehrheitseigner stolz. Noch ehe sich der Preise für Blech mehr als verdreifachten, hat er vorsorglich für 2,3 Millionen Euro Material gekauft. „Das war schon eine Herausforderung für die Liquidität, hat sich aber gelohnt“, sagt der Chef. Liebisch weiß zudem mit der Dresdner Steuerberatung Avericon und dem Mitgesellschafter starke Partner an seiner Seite.

Anderthalb Jahre Auftragsvorlauf
Etwa ein Drittel der Firmenanteile besitzt der Wachstumsfonds Mittelstand Sachsen Plus. Ein lohnendes Investment, denn TLC erwartet 2022 einen Umsatz von rund 22 Millionen Euro – eine Verdopplung des Geschäfts in den vier Jahren seit der Übernahme. Die Gesamtleistung liegt gar bei 30 Millionen Euro, und nächstes Jahr peilt Liebisch die 40 Millionen-Marke an.

Diese Entwicklung ist weder Zufall noch Selbstläufer, sondern Teil einer Strategie. Das Unternehmen hat Niederlassungen in Jena, Berlin, Frankenthal bei Mannheim und seit Jahresbeginn auch am Chemiestandort Leuna. 2023 sollen Hamburg und München hinzukommen – um Fahrtkosten zu sparen, mit Leuten von dort.

Die Kundschaft der Firma mit 160 eigenen Beschäftigten und knapp 200 weiteren Leuten bei Nachunternehmen sitzt in Deutschland und den Nachbarländern. TLC, das Kürzel steht für den Namen des Gründers, ist auf dem Isoliermarkt kein Newcomer mehr. In der Referenzliste stehen Namen wie Carl Zeiss Jena, Porsche in Leipzig und Zuffenhausen, der Autozulieferer Magna in Meerane, der Bauriese Goldbeck, die Uni Kassel, der Dresdner Kulturpalast. Derzeit laufen mit dem Kaufpark Nickern in Dresden und der Justizvollzugsanstalt Zwickau zwei Millionen-Projekte.

„Wir haben einen Vorlauf von anderthalb Jahren“, sagt der gebürtige Dresdner, der gern auch seinen Lieblingsverein Dynamo in der 3. Liga resilient aufstellen würde. Doch da hat er – außer durch Sponsoring – noch kein Mittel gefunden. Die übrige Freizeit widmet der vierfache Vater seinen Enkeln, dem Garten und dem Golfsport. Sein soziales Engagement gilt auch Sportvereinen, Tanzgruppen, Tierheimen, Schulen und der Freiwilligen Feuerwehr.

Der Meißener Landrat Arndt Steinbach (CDU) sieht bei Unternehmern wie Liebisch „eine besondere Liebe zur Heimat. Das sind die Menschen, die wir in der ländlichen Region brauchen“, sagte er 2019 und verlieh ihm in Anwesenheit von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die Landkreismedaille, die höchste Auszeichnung.

Vorbildlich ist auch die Nachwuchsarbeit, wie die IHK Dresden mit Urkunde bescheinigt. Der Unternehmer hat sich früh auf den drohenden Fachkräftemangel eingestellt und vor drei Jahren einen eigenen Lehrausbilder in die Firma geholt. Er kümmert sich nur um die 14 Azubis. Die Betreuung zahlt sich aus: Zwei Lehrlinge wurden 2022 Landesbeste, einer belegte bei den deutschen Meisterschaften den 4. Platz.

Nur ein Schaf sollte man besser nicht sein
Liebisch, dessen Frau Nicole den Innendienst leitet, denkt auch in der Krise voraus. Andere sparen – er hat er im gleichen Gewerbegebiet 30.000 m2 Land gekauft, will er für 13 Millionen Euro eine neue Fertigungshalle bauen und 2024 einziehen. Auch seine Nachfolge hat der Chef geregelt. Drei junge Prokuristen sollen die Firma 2026 übernehmen. „Sie hängen sich schon jetzt entsprechend rein“, so Liebisch.

Wie widerstandsfähig sein Unternehmen ist, hat der Chef sogar schwarz auf weiß: Das Crefozert bescheinigt TLC eine außergewöhnliche Bonität und ein sehr geringes Ausfallrisiko. „Nur zwei Prozent aller Unternehmen in Deutschland können dieses Stabilitätssiegel erhalten“, sagt Thomas Schulz, Prokurist bei der Wirtschaftsauskunftei Creditreform in Dresden.

Dem Chef sind der Zusammenhalt in der Belegschaft und ein angenehmes Arbeitsklima wichtig. Das wächst bei teambildenden Maßnahmen wie dem TLC-Fußballcup im Rudolf-Harbig-Stadion und dem täglichen gemeinsamen Frühstück. Donnerstags gibts Rührei. Azubis können auf Kosten der Firma ihre Fahrerlaubnis machen. Wohlfühlatmosphäre für alle. Für fast alle.

Nur ein Schaf sollte man bei TLC nicht sein. Denn dem guten Dutzend Tiere, das auf Firmengrund direkt an der A 4 grast, verhilft ihr dickes Fell nicht zu Resilienz. Sie dürfen zwar am jährlichen Herbstfest für die Mitarbeitenden teilnehmen. Aber nur einmal: im Glas oder auf dem Grill.

Text: Michael Rothe
Foto: J.Lösel

 

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