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Wasser in seiner stärksten Form

Stefan Seidel (links), technischer Leiter, und Geschäftsführer Markus Dittrich präsentieren eines der filigranen Werkstücke.

Serie: Sachsens Unternehmer des Jahres

Wasser in seiner stärksten Form

Die Gründer von Novajet, Markus Dittrich und Stefan Seidel, haben die Wasserstrahltechnologie für den Maschinenbau auf ein neues Niveau gehoben. Deshalb wurden sie für den Preis „Sachsen gründet – Start-up 2023“ nominiert.

 

Chemnitz — Für das Chemnitzer Start-up Novajet ist Wasser das wichtigste Werkzeug. Das im Herbst 2019 gegründet Unternehmen hat die Wasserstrahltechnologie perfektioniert. „Unsere Maschine arbeitet präziser. Dadurch wird eine gratfreie Bearbeitung der Werkstücke erreicht, sodass keine Nacharbeit nötig ist“, erklärt Novajet-Geschäftsführer Markus Dittrich die Vorteile ihrer neuen Wasserstrahltechnologie. Der 35-Jährige ist zusammen mit Stefan Seidel (29) Gründer und Gesellschafter des kleinen Unternehmens mit einem 7-Mann-Team.

Der Grundstein für das junge Unternehmen wurde an der Technischen Universität Chemnitz gelegt. Dort wird seit mehr als 30 Jahren an der Wasserstrahltechnologie geforscht. Dittrich war daran seit 2012 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Werkzeugmaschinen und Produktionsprozesse (IWP) der Technischen Universität Chemnitz beteiligt. In einem vom Bund und dem Europäischen Sozialfonds geförderten Exist-Forschungstransferprojekt wurde die Ausgründung aus der Universität vorbereitet und der Maschinenprototyp entwickelt. Für die Finanzierung konnte eine stille Beteiligung der Sächsischen Beteiligungsgesellschaft eingeworben werden.

Der Start der Geschäftstätigkeit begann mit dem ersten Lockdown in der Coronapandemie. „Hals über Kopf mussten wir unsere Maschine aus der TU holen. Am nächsten Tag wären die Türen zu gewesen“, erzählt Dittrich. Das Coronavirus erwies sich für die Maschinenbauer erst einmal als Geschäftshindernis. „Wir konnten unser Konzept nicht vermarkten. Es gab keine Messen und Kundenbesuche waren auch nicht möglich“, sagt der Geschäftsführer. Eine neue Strategie war gefragt. Statt Maschinen zu bauen und zu verkaufen, wurde erst einmal auf Lohnfertigung gesetzt. „Wir hatten mit der Lohnfertigung als Einstieg in den Verkauf unserer Maschinen begonnen“, so Dittrich. Wegen der Coronapandemie habe man dann mehr Aufträge als geplant übernommen. Der erste Messeauftritt konnte erst im Oktober 2021 auf der Branchenmesse Blechexpo in Stuttgart stattfinden. Das Maschinenkonzept von Novajet fand dort zwar großen Anklang, doch die Interessenten zögerten und spätestens mit dem Beginn des Ukrainekrieges wurden die Investitionen auf spätere Termine verschoben.

„Seit Anfang 2022 beschäftigen wir uns extrem intensiv mit neuen Ansätzen im Zuge der Lohnfertigung“, erklärt Dittrich. Die Vorteile ihrer Technologie seien inzwischen vielen Kunden bekannt. Es wurden auch Kunden im Ausland gewonnen. Das Leistungsspektrum von Novajet reicht vom Prototypenbau bis zur Serienfertigung für rund 100.000 Stück. Ein Vorteil der Wasserstrahltechnologie: Es können nahezu alle Materialien bearbeitet werden. Inzwischen zählen Automobilzulieferer, Unternehmen aus der Luftfahrt und auch Maschinenbauer zum Kundenstamm. „Wir fertigen beispielsweise auch Komponenten für Brennstoffzellen“, sagt Dittrich. Es sei das Ziel, die Technologie neben traditionellen Fertigungsbereichen vor allem in zukünftigen Entwicklungsfeldern wie beispielsweise der Brennstoffenzellentechnik zu etablieren.

Das Prinzip des Wasserstrahlschneidens ist ein mechanisches Hochleistungsverfahren, bei dem verschiedene Materialien in gewünschte Formen gebracht werden. Dabei beschleunigen Werkzeugmaschinen ein Gemisch aus Wasser und Sand auf über dreifache Schallgeschwindigkeit und formen mit feinkörnigen Schneidpartikeln einen leistungsstarken Strahl. Der  Hochdruck-Wasserstrahl erreicht in etwa dieselbe Geschwindigkeit wie ein Space-Shuttle in den ersten beiden Minuten bei seiner Beschleunigung ins Weltall. Der vom Novajet-Team entwickelte Maschinentyp deckt die Arbeitsbereiche Schneiden, Bohren, Gravieren, Strukturieren und die Kantenpräparation ab. Das innovative sogenannte Suspensionsstrahlverfahren der Novajet GmbH führt zu erheblichen Produktivitätssteigerungen gegenüber der herkömmlichen Wasserstrahltechnologie.

Als wichtige Voraussetzungen für den Erfolg des Start-ups sieht Dittrich das weiterhin bestehende universitäre Netzwerk. Zudem bietet der Firmenstandort im Technologie-Centrum Chemnitz dank großräumiger Produktionshallen und Kreativräumen gute Möglichkeiten, das Geschäft zu entwickeln. „Mit diesen Voraussetzungen gelingt es uns, Partnern und Kunden gleichzeitig hochwertige Bauteile anzufertigen als auch stetig unsere Maschinentechnik weiterzuentwickeln“, erklärt der Novajet-Chef.

Wirtschaftlich geht es mit dem jungen Unternehmen bergauf. „Wir wachsen organisch, darüber sind wir froh“, sagt der Novajet-Geschäftsführer, der optimistisch ist, dass auch das Geschäft mit dem Verkauf von Maschinen irgendwann wieder anläuft. Es sei wichtig, mehrere Standbeine zu haben. Deshalb sei es gut, dass der Einstieg in die Lohnfertigung geklappt habe. Die ersten Jahre als Gründer waren für Markus Dittrich und Stefan Seidel mit vielen Entscheidungen verbunden, die sie so nicht erwartet hatten. „Das Start-up-Leben ist wie ein reißender Fluss, dessen Strömung sich permanent ändert. Eben wie Wasser in seiner stärksten Form“, findet Dittrich.

Der Wirtschaftspreis „Sachsens Unternehmer des Jahres“ und der Gründerpreis „Sachsen gründet - Start-up 2023“ sind eine Initiative der „Sächsischen Zeitung“, der „Freien Presse“, der „Leipziger Volkszeitung“ und dem MDR sowie von Volkswagen Sachsen, der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Schneider + Partner, der LBBW und der Gesundheitskasse AOK Plus.

 » www.unternehmerpreis.de

 

Text: Christoph Ulrich

Foto: Uwe Mann

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