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Wie der Schlummersack nach Plauen kam

Arbeitet ständig an neuen Produktideen: Schlummersack-Chefin Karina Grassy.  

 

Wie der Schlummersack nach Plauen kam

 

Karina Grassy hat mit der Marke „Schlummersack“ ein Textilunternehmen mit eigener Produktion und weltweitem Vertrieb aufgebaut und expandiert weiter. Deshalb wurde sie für Sachsens Unternehmerpreis nominiert.

 

Nach zwölf Jahren reinem Onlinehandel mit Schlafsäcken für Babys und Kleinkinder wagt Karina Grassy den Schritt in den stationären Einzelhandel. Mit einer darauf spezialisierten Agentur plant sie die Eröffnung eines Flagship-Stores für ihre Marke „Schlummersack“ mitten in Berlin. „Wir probieren das jetzt mal. Wir sind als Marke stark genug geworden und wollen auch offline für die Kunden erreichbar sein“, sagt die 1974 in Thüringen geborene Unternehmerin.


Es soll kein einfacher Laden werden, sondern ein Geschäft mit Gastrokonzept, Kinderspielecken und Stillmöglichkeiten. Zum Angebot sollen nicht nur Schlafsäcke gehören, sondern auch Stillkurse oder Veranstaltungen rund um das Thema Schlafen. „Es muss ein Mehrwert für die Familien dabei herauskommen“, sagt Karina Grassy. Rund eine Viertelmillion Euro investiert sie in die Geschäftseröffnung in der Hauptstadt.


Dass Karina Grassy heute im vogtländischen Plauen ein Textilunternehmen mit 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führt und nicht mehr in London lebt, war nicht geplant. „Es ist halt so passiert“, sagt die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau, die schon für Unternehmen wie Starbucks, Nike und zuletzt die britische Kaufhauskette BHS gearbeitet hat. Bei BHS war die alleinerziehende Mutter E-Commerce-Managerin. Als ihre kleine Tochter anfing, das Au-Pair-Mädchen Mama zu nennen, wurde Grassy bewusst, dass sie etwas in ihrem Leben ändern musste.


Babyschlafsäcke waren ihre Rettung. Durch einen Zufall stieß sie im Internet auf die britische Marke „The Dream Bag“, die nach einem deutschen Händler für ihre Schlafsäcke suchte. Bereits im ersten Jahr verkaufte sie 3000 Schlafsäcke über eine eigene Webseite und über Amazon. Verpackt und versandt wurden die Schlafsäcke vom Unternehmen ihrer Eltern, die in Plauen einen Großhandel für Verpackungsmittel betrieben. Den Job bei BHS konnte sie an den Nagel hängen und mit ihrer Tochter nach Eastbourne an die Südküste Englands ziehen.


Ihr Vertrieb lief so gut, dass „The Dream Bag“ mit der Lieferung nicht hinterherkam. Deshalb wechselte sie zur Marke „Slumbersac“. Karina Grassy verkaufte im zweiten Jahr ihrer Selbstständigkeit bereits 20.000 Schlafsäcke und erzielte einen Umsatz von 600.000 Euro. Nach der Einführung der Marke „Slumbersac“ in Deutschland hatte sie diese auf „Schlummersack“ umgetauft. Der nächste Schritt ins Unternehmertum war nicht leicht. Der Eigentümer von „Slumbersac“ bot ihr sein Geschäft zur Übernahme an, weil er in Rente gehen wollte. Im März 2012 kaufte sie das Geschäft und die Markenrechte für „Slumbersac“ und „Schlummersack“ und begann ihren Markt nach Frankreich und Italien sowie in viele andere Länder weltweit auszuweiten. Das Geschäft wuchs stetig.


Doch dann entschieden sich die Briten 2016 für den Brexit. „Das war ein Schlag in die Magengrube“ sagt Karina Grassy rückblickend. Die Unsicherheit war ihr zu groß. Das Unternehmen wurde im März 2017 nach Plauen umgesiedelt und firmiert heute als Grassy Handels GmbH & Co. KG.


Die Unternehmerin setzt auf familienfreundliche und flexible Arbeitszeiten, denn 85 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die selbst noch Kinder haben. „Wir arbeiten teamorientiert auf Augenhöhe, denn genauso wollte ich behandelt werden, als ich meine Karriere begonnen habe“, versichert die Chefin, die mit ihrem Team 2019 in Plauen eine eigene Produktion von Bio-Schlafsäcken aufgebaut hat, um den hohen Qualitätsansprüchen an das Bio-Sortiment von „Schlummersack“ gerecht zu werden.


Auch das soziale Engagement von Grassy passt zu den Babyprodukten. Sie unterstützt die Plauener Babyklappe, hat eine Patenschaft mit dem Schutzhaus des Vereins Karo. Unterstützt wird auch der Kinderschutzbund und die weltweite Sozialorganisation B1G1 Giving Inc., die Projekte in Entwicklungsländern finanziert.

Im Herbst vergangenen Jahres wagte Karina Grassy einen neuen Schritt: Sie stieg mit 50 Prozent beim Plauener Start-up Neualp ein. Neualp stellt unter anderem Outdoorjacken her, die selbst dann wärmen, wenn sie nass sind. Der Name lautet rückwärts gelesen: Plauen – eine Reminiszenz von Firmengründer Sascha Eichelkraut an seine Heimatstadt. „Wir bringen unser Know-how und die Produktion ein. Neualp hat tolle Produkte und passt ideal zu uns“, sagt die Schlummersack-Chefin, die sich künftig auch weitere Beteiligungen und Übernahmen vorstellen kann. „Ich wollte schon immer mal ein Löwe sein“, meint Grassy, die sich inzwischen aus dem Tagesgeschäft ihrer Firma heraushält und sich um die Wachstumsstrategie kümmert. „Der Laden läuft auch ohne mich“, ist die Unternehmerin überzeugt.

 

Text: Christoph Ulrich
Foto: Uwe Mann

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